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·25 March 2025

Günter Netzer: Ikone zwischen Bökelberg und Real Madrid

Article image:Günter Netzer: Ikone zwischen Bökelberg und Real Madrid

Günter Netzer war kein Fußballer wie jeder andere. Wer ihn nur für seinen berühmten Elfmeter 1972 oder die legendäre Selbsteinwechslung im DFB-Pokalfinale 1973 kennt, kratzt bestenfalls an der Oberfläche. Der neue vierteilige Director’s Cut des Podcasts „Wie war das damals?“ vom Deutschen Fußballmuseum rückt das Bild gerade – und öffnet den Blick auf einen der schillerndsten Charaktere des deutschen Fußballs.

Die Sonderreihe entstand anlässlich der neuen Ausstellung „Netzer – Die SiebzigerJahre“, die ab dem 8. April 2025 im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund zu sehen ist. Museumsdirektor Manuel Neukirchner spricht mit Netzer im Legenden-Podcast über dessen Karriere, Konflikte, Stilgefühl und Lebensphilosophie – und trifft dabei auf einen erstaunlich reflektierten Zeitzeugen.


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Intuition, Instinkt und ein Trainer, der ihn machen ließ

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Die erste Folge trägt den Titel „Feldherr und Freigeist“ – und genau das war Netzer: ein Stratege mit Instinkt, ein Kreativer mit Freiheiten. In der Rückschau beschreibt er seinen Spielstil als intuitiv, seine Aktionen als „aus dem Unterbewusstsein geboren“. Dass er nicht nur Sportjournalisten, sondern auch Feuilletonisten wie Karl Heinz Bohrer begeisterte, war für ihn „der Gipfel des Lobes“.

Besonders eindrücklich wird das Verhältnis zu seinem langjährigen Trainer Hennes Weisweiler geschildert – ein ambivalentes Spannungsfeld zwischen Vertrauen, Eskalation und gegenseitigem Respekt. „Ich verdanke ihm alles“, sagt Netzer, auch wenn der Weg dahin oft steinig war.

Der Unternehmer in Schwarz: Disko, Doppelleben und DFB-Pokal

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In Folge 2: „Playboy und Pragmatiker“ offenbart sich Netzer als Grenzgänger zwischen Fußball und Lebenswelt. Als aktiver Spieler eröffnet er die Diskothek Lovers’ Lane, informiert seinen Trainer lapidar darüber – und wird prompt für verrückt erklärt. Doch statt sportlich abzustürzen, wird Netzer zweimal in Folge Fußballer des Jahres.

Legendär bleibt seine Selbsteinwechslung im Pokalfinale 1973. Was wie ein Aufstand gegen Weisweiler wirkte, war in Wahrheit eine spontane Reaktion auf den erschöpften Mitspieler – und der Moment, in dem Netzer endgültig zur Legende wurde. Diese Folge zeigt ihn als geschäftstüchtigen Visionär, der früh begann, über den Tellerrand des Fußballs hinauszudenken.

Real Madrid, harte Verhandlungen und ein leiser Abschied

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„Rebell und Realist“ – so der Titel von Folge 3, in der Netzer über seinen Wechsel zu Real Madrid spricht. Die Vertragsverhandlung mit Präsident Santiago Bernabéu gerät zur filmreifen Szene: Auf seine Gehaltsforderung reagiert Bernabéu mit einem schroffen „Hinaus!“. Als Netzer das Büro schon verlassen will, wird er zurückgerufen – und landet schließlich bei einem Vertrag über 295.000 Mark. „Die drei muss weg“, hatte Bernabéu gesagt.

Was nach Märchen klingt, war für Netzer auch ein Befreiungsschlag. Die Zeit in Gladbach, die Reibereien mit Weisweiler, die Sehnsucht nach einem Neuanfang – all das kulminiert in diesem Schritt. Rebell war Netzer vielleicht, aber nie ohne Plan. Auch das macht ihn so faszinierend.

Fremdbild, Selbstbild und ein fast komplettes Leben

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In der vierten und letzten Folge „Popstar und Pionier“ wird Netzer leise, nachdenklich, fast philosophisch. Er blickt zurück auf ein Leben voller Widersprüche – und voller Erfüllung. Dass man ihn einst in die Nähe der 68er rückte, hält er für überzogen: „Ich war kein Revoluzzer.“ Seine Konflikte seien persönlich gewesen, nie ideologisch.

Stattdessen spricht er von Demut, Dankbarkeit und einem Leben, das „fast komplett“ sei. Es ist ein bemerkenswerter Schlusspunkt einer Serie, die nicht nur Fußballgeschichte erzählt, sondern auch ein Stück deutsche Kulturgeschichte. Netzer war der Erste, der Fußball zum Lebensstil machte – und bleibt bis heute ein Unikat.

Fazit: Mehr als ein Mythos

Der Günter-Netzer-Director’s Cut von „Wie war das damals?“ ist mehr als ein nostalgischer Rückblick. Es ist ein tiefgehendes Porträt eines Mannes, der dem deutschen Fußball neue Dimensionen eröffnete – spielerisch, kulturell, kommerziell.

Wer Netzer nur als Spielmacher kennt, lernt hier den Vordenker, Unternehmer, Grenzgänger und Philosophen kennen. Und wer glaubt, schon alles über die 70er-Jahre weiß, wird überrascht sein, wie viel von Günter Netzer in der Gegenwart steckt.


Die vierteilige Podcast-Reihe ist auf Spotify, Apple Podcasts, YouTube und weiteren Plattformen verfügbar. Die Ausstellung „Netzer – Die SiebzigerJahre“ im Deutschen Fußballmuseum startet am 8. April 2025.

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