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Matti Peters·31. März 2025

Teuflischer Spielstil: Für dieses Karriereende sind wir nicht bereit

Artikelbild:Teuflischer Spielstil: Für dieses Karriereende sind wir nicht bereit

Die letzte Folge einer Serie, die einen für unzählige Stunden im emotionalen Schwitzkasten hatte, die letzte Seite des Lieblingsbuches oder auch einfach nur der Zeitpunkt, an dem das Badewasser nun wirklich auch nicht mehr als lauwarm durchgeht: Das Leben ist gespickt von Abschiedsmomenten, die gemeistert werden müssen. Und für uns Fußballfans, die ja grundsätzlich immer ein bisschen mehr leiden müssen als der Otto Normalverbraucher, kommt dann auch noch das Karriereende des eigenen Lieblingsspielers dazu.

In diesem Format wollen wir auf Spieler schauen, die wir jetzt schon vermissen, obwohl sie noch aktiv sind. Im Fall des heutigen Kandidaten schlägt der Wehmut auf absurde Art und Weise zu. Sergio Ramos bedient das Oxymoron Hassliebe wie kein Zweiter im Weltfußball. Denn das ist ja wohl klar: Egal ist der Mann niemandem.


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Ob positiv oder negativ - er macht was mit dir. Die einen feiern seine Tacklings, seine Leidenschaft und seine Führungsqualität. Die anderen sind vom Fairness-Grenzwandler und seinem Hang, Stress förmlich anzuziehen, nicht gerade angetan.

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Erst kürzlich kassierte El Capitano mal wieder einen Platzverweis. Bei seinem aktuellen Klub CF Monterrey trat er nach seinem Gegenspieler und wurde vorzeitig in die Dusche geschickt. Er nahm die Aktion, bei der ihm der ein oder andere vermutlich zu einer Therapie raten würde, mit Humor und kommentierte sie bei Instagram süffisant: "Es war offensichtlich, dass ich diese Liga nicht ohne eine rote Karte verlassen konnte."

Wenn der 38-Jährige irgendwann in naher Zukunft die Schuhe an den Nagel hängt, geht mit ihm aber auch ein Spielertyp, der mittlerweile vom Aussterben bedroht ist. Bei all den mediengeschulten, aalglatten Saubermännern im modernen Fußball fehlt so ein bisschen der raue Ton und die Furchtlosigkeit vor der Konsequenz, jedem und allen ein gepflegtes "Puta" um die Ohren zu knallen.

Die Vernunft in dir mag bei solchen Ramos-Classics empört gewesen sein, aber war da nicht auch zeitgleich der innere Prolet, der ähnliche verbale Entgleisungen oder miese Grätschen auf Hüfthöhe mit einem "Richtig so!" oder "So nämlich!" quittierte? Wir sprechen von diesem latent asozialen Verhalten, das sich im Umfeld des Fußballs irgendwie besonders heimisch fühlt.

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📸 Gonzalo Arroyo Moreno - 2015 Getty Images

Mit Ramos wird sich auch einer von der großen Bühne verabschieden, der sich für die unschönen, manche sagen sogar unfairen Dinge, nicht zu schade war. Etwa als er Atléticos Yannick Carrasco im Champions League Finale 2016 im letzten Angriff vor der Verlängerung bei einer gefährlichen Kontersituation unsanft von den Beinen holte.

Oder als Ramos Liverpools Mohamed Salah im Endspiel um den Henkelpott 2018 per UFC-Move die Schulter demolierte, ihn so früh aus dem Verkehr zog und den Reds ihre gefährlichste Waffe nahm.

Das wusste ein gleichgesinnter Haudegen wie Giorgio Chiellini in seiner Biographie zu schätzen und bezeichnete die Attacke, die vielerorts große Missachtung genoss, als "Meisterwerk". Solche Fouls seien Teil von Ramos' "teuflischen" Spielstils.

Der Teufel wollte auch bei einer Demütigung im Clásico gegen Barcelona im Jahr 2010 raus. Beim 0:5 gegen den Erzrivalen flexte Ramos Lionel Messi in der Schlussminute um und kassierte für sein Statement-Tackle Rot. Er stellte damit den unrühmlichen Klubrekord von Real-Legende Fernando Hierro ein. Das allerdings in Windeseile: Hierro "brauchte" für zehn Platzverweise 439 Spiele, Ramos gerade einmal 175. Selbstverständlich ließ er noch einige folgen.

Denn wenn es eine Sache gab, die er noch besser konnte als Titel hamstern, dann war es die Kunst des Kartensammelns. Er hält nicht nur bei Real, in La Liga oder auch in der spanischen Nationalmannschaft den Rekord für die meisten Gelben Kartons. Ramos ist mit 269 Gelben und 30 Roten Karten der Kreuz König des 21. Jahrhunderts. Kein Spieler stand seit der Jahrtausendwende häufiger im Spielberichtsbogen der Schiedsrichter.

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Kein Wunder, dass Messi einst beim ersten gemeinsamen Training bei Paris Saint-Germain auf Nummer sicher gehen wollte, wie Ramos in einem Interview mit 'Le Parisien' verriet: "Als ich das erste Mal mit Messi in Paris trainierte, sagte er scherzhaft zu mir: 'Ramos, denk dran, wir sind jetzt im selben Team. Vergiss das nicht – schlag mich nicht.' Ich lächelte und antwortete: 'Keine Sorge, jetzt schlage ich jeden, der dir zu nahe kommt.'"

Ramos konnte diesen Dreckskerl verkörpern und trotzdem zu einem der besten Verteidiger der Neuzeit aufsteigen. Denn wenn er mit seinem Körpereinsatz mal nicht über die Stränge schlug, dann gab es kaum ein Vorbeikommen an dem athletischen Abwehrchef. Seine Vielseitigkeit, sein Aufbauspiel und eine hervorragende Technik waren der Traum eines jeden Trainers.

Carlo Ancelotti hob ihn einst auf eine Stufe mit Paolo Maldini. Vermutlich wegen seiner Führungsqualität und des kompromisslosen Verteidigungsstils. Ramos hat Maldini aber sogar eine Sache voraus, die zu Zeiten des praktizierten Catenaccio vermutlich auch nicht unbedingt von den Abwehrrecken gefragt war - seine Torgefahr. Mit über 140 Toren für Land und Klubs zählt Ramos zu den torgefährlichsten Verteidigern aller Zeiten.

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Seine Spielweise und seine Attitüde mag nicht jedem gefallen, unseren Wunden Punkt zwischen Liebe und Hass hat er, zielsicher wie er ist, aber eindeutig getroffen. Darum wird es bei seinem Abgesang in naher Zukunft auf jeden Fall ein lachendes und ein weinendes Auge geben. Im besten Fall sogar ein blaues Auge nach einer Fetzerei mit anschließendem Platzverweis. Ein würdiges Ende eben für den Schlächter aus Andalusien.


📸 CURTO DE LA TORRE