
Rund um den Brustring
·18. März 2025
Rund um die Mitgliederversammlung: Im Gespräch mit Präsidentschaftskandidat Pierre-Enric Steiger

In partnership with
Yahoo sportsRund um den Brustring
·18. März 2025
Der Vereinsfußball pausiert und der VfB nutzt diese Pause für seine Mitgliederversammlung. Am Samstag wählen die Mitglieder einen Präsidenten und ein Präsidium. Wir haben mit Präsidentschaftskandidat Pierre-Enric Steiger über seine Kandidatur und seine Ziele gesprochen.
Rund um den Brustring: Wie ist der Entschluss entstanden, für das Amt des VfB-Präsidenten zu kandidieren?
Pierre-Enric Steiger: In den vergangenen Jahren habe ich durch meine Kontakte und Freundschaften zu den sportlichen Abteilungsleitern zahlreiche Ideen zur Weiterentwicklung des VfB entwickelt. Wer sich über einen längeren Zeitraum so intensiv mit dem Verein auseinandersetzt, verspürt schließlich auch den Wunsch, diese Konzepte selbst umzusetzen, zumal mir bewusst wurde, dass die Umsetzung meiner Ideen, vor allem die Mitglieder-Aktie als Mittel der Einwirkung auf die AG, in diesem Fall höchstwahrscheinlich ausbleiben würde. Diese Erkenntnis hat mich zusätzlich motiviert, meinen Weg konsequent weiterzuverfolgen.
Was wollen Sie anders und/oder besser machen als der letzte gewählte Präsident, Claus Vogt?
Für mich steht nicht die Frage im Mittelpunkt, was ich anders oder besser machen will, sondern was ich konkret tun möchte. Mein Ziel ist es, den Verein weiterzuentwickeln. Dazu gehört, die finanzielle Situation der Abteilungen zu verbessern, um ihr Wachstum zu fördern. Ebenso ist es mir wichtig, die Mitbestimmung und Beteiligung der Mitglieder – sowohl im Verein als auch in der AG – zu stärken. Ein zentraler Punkt ist zudem die Verbesserung der vereinsinternen Kommunikation: Mitglieder sollen nicht erst am Ende über Entscheidungen informiert werden, sondern bereits während des Entscheidungsprozesses eingebunden werden. So entsteht mehr Transparenz und ein besseres Verständnis für die Entwicklung unseres Vereins.
Wo sehen Sie die wichtigsten Handlungsfelder im VfB e.V. in den nächsten Jahren?
Im e.V. geht es in erster Linie darum, alle Abteilungen in ihrer Bedeutung zu stärken und sie finanziell auf ein neues Niveau zu heben. Die inhaltliche Weiterentwicklung findet in den Abteilungen selbst statt – dort gibt es bereits zahlreiche Ideen. Daher liegt die Aufgabe des Präsidiums vor allem darin, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit diese Ideen auch umgesetzt werden können. Ein entscheidender Schritt ist die Verbesserung der Einnahmenseite des e.V., denn erst dann können wir uns leisten, zusätzlich benötigtes Fachpersonal in den Abteilungen einzustellen.
Ein zentraler Schwerpunkt ist deshalb die Neuausrichtung der Sponsoring-Strukturen innerhalb der Abteilungen. Dabei geht es nicht nur um den Sport, sondern auch um andere wichtige Bereiche, wie die Garde oder den lang gehegten Wunsch, ein würdiges Vereinsmuseum zu schaffen, das die Geschichte und Erfolge des VfB angemessen darstellt. Diese Themenfelder sind essenziell und ergänzen das Hauptthema Fußball um wichtige Aspekte der Vereinsentwicklung.
Und was sind Ihre Ziele für die Präsidentschaft?
Natürlich wünscht sich jeder Präsident – genau wie jedes Mitglied und jeder Fan des VfB – Titelgewinne. Doch dieses Ziel allein auszugeben, wäre zu kurz gegriffen. Mein Anspruch ist es, den Verein in seiner gesamten Breite nachhaltig weiterzuentwickeln. Ein Großteil der Aufgabe wird auch darin liegen Vertrauen zwischen den unterschiedlichsten Strömungen im und um den Verein aufzubauen, versuchen Brücken zwischen unterschiedlichsten Gruppen zu bauen und am Ende einfach ein Präsident zu sein, der, als jemand wahrgenommen wird, der für seine Werte und Haltung von allen Mitgliedern, Fans und Anhängern im ganzen Stadionrund akzeptiert wird.
Darüber hinaus möchte ich am Ende meiner ersten Amtszeit sagen können, dass alle Abteilungen signifikant gewachsen sind – sowohl sportlich als auch in ihrer gesellschaftlichen Bedeutung und Wahrnehmung unter den Mitgliedern. Die Pläne für einen modernen Neckar-Sportpark für alle Sportarten sowie der Neubau der VfB-Geschäftsstelle sollen nicht nur baurechtlich genehmigt, sondern bereits mit dem ersten Spatenstich in die Umsetzung gegangen sein. Das VfB-Museum nimmt Gestalt an und bietet einen würdigen Ort für unsere traditionsreiche Geschichte.
Ein weiteres Ziel ist, dass alle verfügbaren Aktien an VfB-Mitglieder verkauft wurden, sodass die Zugehörigkeit der Mitglieder zur AG spürbar gewachsen ist. Zudem soll die vereinsinterne Kommunikation ein neues Niveau erreicht haben – so transparent und mitgliederorientiert, dass sie ligaweit als Vorbild gilt. Und nicht zuletzt freue ich mich als Aufsichtsratsvorsitzender der AG, nach der Vertragsverlängerung mit Sebastian Hoeneß von 2027 nun auch für 2030 grünes Licht geben zu können, weil damit eine lange Kontinuität im Aufbau der Profimannschaft weiter gewährleistet werden kann.
Mit welchen Maßnahmen wollen sie die Abteilungen des VfB e.V. — abgesehen vom Jugendfußball — weiter stärken?
Jede Maßnahme steht und fällt mit der finanziellen Situation des Vereins. Deshalb ist es essenziell, ein umfassendes Konzept zu entwickeln, das den VfB e.V. nachhaltig und breit aufstellt. Keine Idee kann ohne eine solide Finanzierung umgesetzt werden. Sobald die Finanzbudgets klar strukturiert und signifikant erhöht wurden, muss der nächste Schritt folgen: die personelle Stärkung der Abteilungen – sei es durch zusätzliche Trainer, bessere Trainingsausstattung oder optimierte Rahmenbedingungen für den Sportbetrieb.
Ein weiteres zentrales Thema sind Schulkooperationen. Viele Abteilungen wünschen sich eine engere Zusammenarbeit mit Schulen, um mehr Jugendliche frühzeitig für unterschiedliche Sportarten zu begeistern. Doch auch hierfür müssen gezielte Strukturen geschaffen werden. Dieser gesamte Bereich wurde in den vergangenen Jahren vernachlässigt und erfordert nicht nur finanzielle Mittel, sondern auch viel Zeit und Arbeit – gerade vom Präsidium selbst.
Wenn wir das gemeinsam wollen, dann können wir es auch umsetzen und den VfB auf eine neue, erfolgreiche Ebene heben. Denn in diesen Strukturen steckt enormes gesellschaftspolitisches Potenzial, das weit über den Sport hinausgeht. Bisher wurde nur ein Bruchteil der Möglichkeiten und Chancen genutzt – es ist an der Zeit, den VfB in seiner Gesamtheit weiterzuentwickeln und sein volles Potenzial auszuschöpfen.
Halten Sie die Einrichtung eines festen Vereinsmuseums für sinnvoll und umsetzbar?
Ich bin ein großer Befürworter der Idee, einen Ort zu schaffen, an dem die Geschichte unseres Vereins, seine Erfolge und die Helden der Vergangenheit in würdiger Weise geehrt werden. Ein angemessenes Museum wäre der perfekte Rahmen, um die persönlichen Geschichten, die den VfB geprägt haben, lebendig zu halten.
Der VfB ist ein traditionsreicher Verein mit einer bewegten Vergangenheit – und gerade in einer Zeit, die immer schnelllebiger und vergesslicher wird, macht uns diese Geschichte einzigartig. Unsere Identität schöpfen wir aus unserer Vergangenheit, und es gibt keinen besseren Ort, um diese zu bewahren und erlebbar zu machen, als ein Vereinsmuseum. Es kann nicht nur den heranwachsenden Generationen unsere Tradition und Emotionen vermitteln, sondern auch den älteren Generationen zeigen, dass ihre Zeit nicht vergessen wurde und ihre Verdienste in Ehren gehalten werden.
Ganz nach dem Motto: Nur wer seine Vergangenheit kennt, hat auch eine Zukunft.
Der VfB hat über 120.000 Mitglieder. Wie wollen Sie diese in das Vereinsleben einbinden?
Ich denke, wir sollten diskutieren, wie der VfB über die bisherigen Angebote wie den ‘Dunkelroten Tisch’, ‘VfB im Ländle’ oder die Regionalversammlungen hinaus noch mehr Möglichkeiten zur inhaltlichen Beteiligung und Einbindung der Mitglieder schaffen kann.
Ein wichtiger Schritt wäre den §17 Abs. 7 der Satzung wieder mit Leben zu füllen, der die Möglichkeit eröffnet, Mitgliederausschüsse einzusetzen. Viele Mitglieder möchten sich gezielt für bestimmte Themen im Verein engagieren, doch seit die Mitgliederausschüsse 2019 durch den damaligen Präsidenten aufgelöst wurden, fehlt eine entsprechende Plattform. Ihre Wiedereinführung wäre eine wertvolle Ergänzung zur bisherigen Mitgliederbeteiligung.
Darüber hinaus sehe ich großes Potenzial in der Weiterentwicklung der Mitgliederbefragungen als festes Instrument der Mitbestimmung. Es wäre sogar denkbar, die Satzung so zu erweitern, dass bei besonders dringenden und wichtigen Themen eine namentliche Abstimmung unter den Mitgliedern möglich wird – mit einem verbindlichen Votum für das Präsidium. Selbstverständlich müsste dafür zunächst ein konkreter Satzungsantrag erarbeitet und zur Abstimmung gestellt werden. Doch grundsätzlich gilt: Je mehr wir die Mitglieder aktiv in Entscheidungsprozesse einbinden, desto stärker wird das Gemeinschaftsgefühl und die Identifikation mit dem VfB. Wichtig ist hier allerdings, das wir wirklich von wichtigen und nicht von Themen mit geringerer Bedeutung sprechen. Zu viele Befragungen senken dann auch ganz schnell das Interesse wieder.
Wie stehen Sie zur Möglichkeit einer hybriden Mitgliederversammlung?
Zu diesem Thema habe ich eine klare und dezidierte Meinung. Grundsätzlich glaube ich nicht, dass sich wesentlich mehr als 3.000 Mitglieder aktiv für die Vereinspolitik des VfB interessieren – unabhängig von der Gesamtzahl der Mitglieder. Selbst wenn der VfB eine Million Mitglieder hätte, würde diese Zahl vermutlich nicht signifikant steigen. Dieses Phänomen ist nicht einzigartig für unseren Verein, sondern zeigt sich auch bei anderen großen Klubs.
Trotzdem bin ich der Meinung, dass der VfB eine hybride Mitgliederversammlung mit vollem Stimmrecht als Versuchsprojekt durchführen sollte. Aktuell gibt es viele Spekulationen darüber, wie groß das Interesse an einer Online-Teilnahme tatsächlich wäre – die Schätzungen reichen von 200 bis 10.000 Teilnehmern. Sollten sich jedoch online deutlich weniger Mitglieder beteiligen als bei der Präsenzveranstaltung, würde ich es bei diesem einmaligen Versuch belassen.
Ein Blick auf bisherige Zahlen unterstützt meine Einschätzung: Bei der Kandidatenvorstellung am 6. Februar 2025 waren in der Spitze 390 Personen online live dabei, mutmaßlich auch viele Nichtmitglieder, weil es ein offener Link war. Auch der STR-Podcast zeigt, dass rein vereinspolitische Themen im Vergleich zu spielbezogenen Inhalten deutlich weniger Interesse wecken. Es gibt daher viele Indizien, die darauf hindeuten, dass das Potenzial hybrider Mitgliederversammlungen überschätzt wird.
Letztlich werden wir es aber erst wissen, wenn wir es ausprobiert haben. Deshalb plädiere ich für einen Versuch – auch wenn ich persönlich davon ausgehe, dass die reale Teilnehmerzahl unter 500 bleiben wird. Sollte sich das bestätigen, wäre für mich die Diskussion um eine dauerhafte Einführung dann auch beendet.
Welches Verbesserungspotenzial sehen Sie noch bei der Satzung des e.V.?
Ich bin der Meinung, dass in den vergangenen Jahren so viele Änderungen an der Satzung vorgenommen wurden, dass sie mittlerweile einem Flickenteppich gleicht. Besonders deutlich wird das an den unterschiedlichen Wahlverfahren für die Präsidenten- und Präsidiumswahl. Teilweise gibt es Paragrafen, bei denen man sich nicht einmal mehr sicher sein kann, ob sie sich nicht gegenseitig aufheben.
Aus meiner Sicht wäre es daher sinnvoll, wenn ein erfahrener Fachmann die Satzung des VfB von Grund auf neu formuliert – als einheitliches, klar strukturiertes Regelwerk, das aus einem Guss kommt. Die Intentionen, Interessen und der Wille der Mitglieder sind allen Verantwortlichen bekannt, sodass es möglich sein sollte, eine saubere und konsistente Satzung zu erstellen, die nicht ständig nachgebessert werden muss.
Jetzt wäre der ideale Zeitpunkt, diesen Prozess ohne Zeitdruck anzugehen, da wir voraussichtlich in den nächsten zwei Jahren keine Wahlen für ein Gremium haben werden. Mit ausreichend Vorlauf könnte eine überarbeitete Satzung entstehen, die langfristig Bestand hat. Am Ende entscheidet natürlich – wie immer – die Mitgliederversammlung darüber, ob sie diesen Vorschlag annimmt.
Wie ist Ihre Haltung zum Aufsichtsratsvorsitz der VfB AG: Sollte dieser nur vom Präsidenten des e.V. gestellt werden oder kann es auch ein Präsidiums-Mitglied sein? Oder muss es überhaupt ein/e Vertreter/in des Vereins sein?
Für mich ist die Sachlage eindeutig: Der Präsident des Vereins ist zugleich Vorsitzender des Aufsichtsrats. Das entspricht dem bisherigen, unumstößlichen Willen der Mitglieder. Sollte es – aus welchen Gründen auch immer – Überlegungen geben, von dieser Regelung abzuweichen, dann darf das nicht ohne die Zustimmung der Mitgliederversammlung geschehen. In meinem Verständnis der Verhältnisse zwischen Verein und AG müsste eine solche Ausnahme durch eine 75% Mehrheit der Mitgliederversammlung genehmigt werden.
Zwar mag diese Forderung juristisch nicht aus dem Aktienrecht abzuleiten sein, doch hier geht es um weit mehr als nur formale rechtliche Aspekte. Es geht um die moralische Verpflichtung gegenüber den Mitgliedern, die nach der Ausgliederung des Profifußballs weiterhin einen maßgeblichen Einfluss auf ihren Fußball behalten wollen. Dieses Vertrauensverhältnis darf nicht und niemals leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden.
Aktuell ist der Aufsichtsrat der VfB AG mit 10 Personen besetzt, wovon fünf den VfB e.V. vertreten (Dietmar Allgaier, Andreas Grupp, Beate Beck-Deharde, Tanja Gönner und Alexander Kläger) je zwei den Investor Mercedes (Peter Schymon und Franz Reiner), je zwei den Investor Porsche (Lutz Meschke und Albrecht Reimold) sowie mit Tobias Röschl ein Vertreter des Investors JAKO. Ein weiterer Platz ist noch frei. Wie ist Ihre Haltung zur Sitz-Verteilung im Aufsichtsrat? Sollte dieser dem Verhältnis der Anteile an der VfB AG entsprechen (78,2 Prozent VfB e.V., 10,4 Prozent Porsche, 10,4 Prozent Mercedes, 1 Prozent JAKO) oder reicht eine einfache Mehrheit des e.V.?
Offiziell wurde Herr Röschl auch über das „Vereinsticket“ in den Aufsichtsrat entsandt. Nach meinem Wissen wurde Jako im Beteiligungsvertrag kein fester Sitz garantiert, da der Aktienanteil dafür zu gering ist. Rein theoretisch ergibt sich daraus ein aktuelles Verhältnis von 6 zu 4. Viele Mitglieder empfinden die Besetzung jedoch eher als 2 zu 8.
Juristisch gibt es kein festgeschriebenes Anrecht auf eine Verteilung der Sitze im Aufsichtsrat gemäß Stimmenanteilen. Ich habe jedoch bereits in meinem Positionspapier deutlich gemacht, dass ich für ein Verhältnis von 8 zu 4 zugunsten des Vereins plädiere. Auch wenn dies nicht ganz den 75 % der Stimmenanteile entspricht, halte ich eine Verteilung von zwei Dritteln für den Verein und einem Drittel für die Investoren für angemessen und gerechtfertigt – insbesondere im Verhältnis zur finanziellen Beteiligung der Investoren.
Wichtig ist mir dabei, dass diese acht Vereinsvertreter eine klare Verbundenheit zum VfB aufweisen. Neben den drei Präsidiumsmitgliedern sollten die weiteren fünf Aufsichtsräte ein deutliches Bekenntnis zum Verein mitbringen. Zudem bin ich überzeugt, dass die vom Verein nominierten Aufsichtsratskandidaten im Vorfeld den Mitgliedern vorgestellt und zur Diskussion gestellt werden müssen. Idealerweise geschieht dies auf einer Mitgliederversammlung mit einer einfachen Mehrheit der Zustimmung. Falls dies zeitlich nicht umsetzbar ist, könnte eine alternative Vorstellung über den „Dunkelroten Tisch“ oder ein ähnliches Format erfolgen, vergleichbar mit der aktuellen Kandidatenvorstellung.
Hinsichtlich der inhaltlichen Zusammensetzung sehe ich unter den fünf weiteren Vereinsvertretern folgende Profile als notwendig an: Zwei Personen mit klarer fußballerischer Fachkompetenz, eine Person mit klarem Fan-Bezug und eine Person mit nachgewiesener Fachkompetenz in der Kommunikation. Die Finanzkompetenz wird üblicherweise durch die Vertreter der Investorenseite abgedeckt. Somit bliebe eine weitere Position auf Vereinsseite zur flexiblen Besetzung offen. Das sind meine konkreten Vorstellungen für eine ausgewogene und zukunftsfähige Aufsichtsratsbesetzung.
Daran anschließend: Sollte der Aufsichtsrat in seiner jetzigen Größe beibehalten, vergrößert oder verkleinert werden?
Diese Frage wurde bereits in der vorherigen Antwort beantwortet. Nein, der Aufsichtsrat soll auf 12 Mitglieder erweitert werden – mit einer Verteilung von 8 zu 4 zugunsten des Vereins, wie zuvor erläutert
Sollte der Präsidialausschuss die Mehrheitsverhältnisse ebenso widerspiegeln oder sind Sie mit der derzeitigen Besetzung (zwei e.V.-Vertreter, je ein Investoren-Vertreter, Mehrheit des e.V. ist durch doppeltes Stimmrecht des Präsidenten gewahrt) zufrieden?
Diese Frage ist für mich schwer zu beantworten, da mir die vertraglichen Details der beiden Beteiligungsverträge nicht bekannt sind. Theoretisch könnte ich mir jedoch vorstellen, dass der Sitz der Investorenseite im Präsidialausschuss rotierend besetzt wird – etwa jährlich oder alle zwei Jahre zwischen Mercedes und Porsche. Eine andere Möglichkeit wäre, dass nur einer der beiden das Stimmrecht ausübt oder dass sie gemeinsam nur eine Stimme haben.
Ein weiterer Ansatz könnte sein, den Ausschuss auf alle drei Präsidiumsmitglieder auszudehnen, wobei der Präsident weiterhin eine Doppelstimme behält. Dadurch würde das Gewicht der Vereinsseite etwas gestärkt.
Allerdings bleiben diese Überlegungen reine Gedankenspiele, da die genauen vertraglichen Regelungen nicht öffentlich bekannt sind. Ohne diese Informationen lässt sich keine fundierte Einschätzung treffen, sondern nur spekulieren.
Sehen Sie die Notwendigkeit, den Aufsichtsrat vor Ablauf der Amtszeit 2027 neu zu besetzen, was die Vertretung des VfB e.V. angeht?
Ich weiß, dass diese Erwartungshaltung bei vielen Mitgliedern besteht, und daher muss ein neu gewähltes Präsidium diese Thematik zumindest in Betracht ziehen. Ob eine Veränderung im Aufsichtsrat alle oder nur einzelne Personen betrifft und ob dies über eine neuerliche Hauptversammlung geregelt werden sollte, muss in Gesprächen geklärt werden.
Für mich gibt es jedoch eine unverrückbare Grundhaltung: Jegliche Veränderung bei den Vertretern, die über das „Vereinsticket“ in den Aufsichtsrat berufen wurden, muss den Mitgliedern ausführlich zur Diskussion gestellt werden. Eine Entscheidung ohne vorherige Einbindung oder Vorstellung der betroffenen Kandidaten gegenüber den Mitgliedern ist für mich nicht vorstellbar und entspricht nicht meinem Verständnis einer aktiven und transparenten Mitgliederbeteiligung.
Sehen Sie die Notwendigkeit, die Mitglieder über einen Verkauf von Anteilen über die 2017 beschlossenen 24,9 Prozent abstimmen zu lassen? Warum oder warum nicht?
Ich sehe absolut keine Notwendigkeit, überhaupt Anteile über die 24,9 % hinaus zu verkaufen. Ich bin überzeugt, dass es alternative Finanzierungsinstrumente gibt, mit denen sich der VfB – falls erforderlich – Kapital beschaffen kann, ohne zusätzliche Aktienanteile abzugeben. Daher halte ich diese Frage grundsätzlich für sehr abwegig.
Sollte dieser für mich äußerst unwahrscheinliche Fall dennoch eintreten, dann kann dies nur mit einer klaren 75 %-Zustimmung der Mitgliederversammlung geschehen. Das ist für mich unverrückbar.
Welche Themen, die Fans abseits des sportlichen Erfolgs bewegen, halten Sie für am wichtigsten?
Abseits des sportlichen Erfolgs geht es vor allem um Transparenz, Kommunikation und eine ehrliche Mitgliederbeteiligung. Diese Aspekte sind im Kontext der Vereinspolitik fast noch wichtiger als sportlicher Erfolg, denn sie sind das Fundament für den Zusammenhalt des Vereins. Wenn alle an einem Strang ziehen, stellt sich der sportliche Erfolg langfristig oft von selbst ein. Doch dieses Zusammenstehen gelingt nur, wenn der Verein so transparent wie möglich kommuniziert – und genau hier liegt eine der größten Herausforderungen.
Gute Kommunikation ist keine Selbstverständlichkeit, sondern eine anspruchsvolle Aufgabe, die weit schwieriger ist, als viele Menschen annehmen. Der VfB ist hier – wie fast alle Bundesliga-Vereine – ein Beispiel dafür, dass es Verbesserungsbedarf gibt. Das ist keine Kritik an den aktuell handelnden Personen, sondern eine Erkenntnis, dass exzellente Kommunikation echte Fachkompetenz und erfahrene Vollprofis erfordert – und diese sind auf dem Markt rar.
Eine verstärkte Mitgliederbeteiligung ist letztlich eine direkte Folge guter Kommunikation. Nur wenn die Mitglieder umfassend und transparent informiert sind, können sie sich aktiv einbringen und eine fundierte Meinung äußern. Genau das sollte unser Ziel sein. Unterschiedliche Meinungen und Strömungen im Verein sind kein Störfaktor – im Gegenteil: Sie sind eine Bereicherung, die wir gezielt zum Nutzen des VfB einsetzen sollten.
Welche Lösungen sehen Sie für eine nachvollziehbare Verteilung von Eintrittskarten?
Transparenz ist der Schlüssel! Es muss für jedes Mitglied nachvollziehbar sein, wie der Algorithmus zur Ticketverteilung funktioniert. Das System muss klar erklärt werden, inklusive der Parameter, die bei der Zuteilung eine Rolle spielen. Es sollte verständlich sein, warum manche Mitglieder gefühlt immer Karten bekommen und andere scheinbar nie.
Ein möglicher Ansatz wäre die Einrichtung eines Mitgliederausschusses, der gemeinsam Regeln für die Verteilung erarbeitet. Diese könnten später der Mitgliederversammlung zur Diskussion und Abstimmung vorgelegt werden. Dabei könnten Faktoren wie Vereinszugehörigkeit, Häufigkeit der bisherigen Ticketzuteilung, der Anteil an Heim- und Auswärtstickets oder eine Sperre nach einer bestimmten Anzahl erhaltener Tickets berücksichtigt werden. Es gibt viele Stellschrauben, die man in einem ausgewogenen Verteilschlüssel festlegen könnte.
Als Präsident oder Präsidium würde ich eine solche Entscheidung nicht allein treffen wollen – hier braucht es eine breite Beteiligung der betroffenen Mitglieder. Allerdings muss man auch realistisch bleiben: Eine hundertprozentig gerechte Lösung wird es vermutlich nie geben. Es wird immer Mitglieder geben, die sich benachteiligt fühlen, und das lässt sich leider nicht vollständig vermeiden. Dennoch sollte unser Ziel sein, ein so faires, transparentes und nachvollziehbares System wie möglich zu schaffen.
Welche Rolle können Sie als Präsident des e.V. im Spannungsfeld zwischen organisierten Fans, der Polizei und der Liga spielen?
Als Präsident sehe ich meine vorrangigste Aufgabe darin, zwischen allen Seiten zu vermitteln. Das größte Problem derzeit ist das tiefgreifende Misstrauen – und das auf allen Seiten. Jede Seite sagt im Grunde dasselbe über die andere, was die Situation zusätzlich verkompliziert.
Ich habe bereits erste Gespräche mit allen drei Parteien geführt und schnell erkannt, dass dies eine der schwierigsten Herausforderungen meines Lebens sein wird – und ich dachte, ich hätte schon viele politisch verhärtete Konflikte erlebt. Mein Vorteil ist, dass ich beruflich sowohl mit der Polizeiführung als auch mit der DFB-Führung bereits intensiv zu tun habe. Gleichzeitig habe ich auch mehrere Gespräche mit der organisierten Fanszene geführt. In vielen Punkten kann ich ihre Argumente gut nachvollziehen, in anderen wiederum verstehe ich die Positionen der anderen Beteiligten.
Als Präsident kann und darf ich mich nicht einseitig positionieren oder nur eine Partei verteidigen – das würde die Konflikte nur weiter verschärfen. Vielmehr muss ich versuchen, ein ehrlicher und von allen Seiten respektierter Vermittler zu sein. Ohne Vertrauen von allen Seiten wird es keine Chance geben, nachhaltige Lösungen zu finden. Dabei ist es entscheidend, dass ich mir selbst treu bleibe, eine klare Haltung bewahre und für jede Seite verbindlich bin.
Sollte es mir gelingen, dieses Vertrauen über einen sehr langen Zeitraum zu halten, gebe ich die Hoffnung nicht auf, langfristig zumindest schrittweise Lösungen für die aktuell explosive Konfliktsituation zu finden. Ob eine fünfjährige Amtszeit dafür ausreicht, bezweifle ich zwar, aber am Ende zählt der Weg – und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Sie planen, die verbliebenen Anteile an der VfB AG an die Mitglieder zu verkaufen. Wie ist das rechtlich und praktisch umsetzbar?
Rein rechtlich ist der Verkauf von Aktien ein einfacher Prozess: Er benötigt lediglich eine mehrheitliche Zustimmung in der Hauptversammlung der AG. Mercedes und Porsche haben in diesem Punkt kein vertragliches Vetorecht, sodass das Votum des Vereins in der Hauptversammlung ausreicht.
Die praktische Umsetzung erfolgt üblicherweise über eine der VfB Hausbanken. Diese könnte ein zentrales Sammeldepot für die VfB-Mitglieder-Aktionäre einrichten und die Verwaltung der Stimmrechtsaktien übernehmen. Dadurch bleibt der Verwaltungsaufwand schlank und effizient.
Konkret bedeutet das: Als Mitglied stellt man über eine dafür eingerichtete Internetseite einen Antrag auf Erwerb des angebotenen Aktienpakets. Nach der Anmeldung wird der Kaufpreis vom Konto abgebucht, und für alle, die ihre Aktie als Erinnerungsstück behalten möchten, gibt es die Möglichkeit, eine sogenannte Schmuckaktie zu erhalten, die dann nach Hause geschickt wird.
Das ist natürlich eine stark vereinfachte Darstellung des Prozesses, aber grundsätzlich lässt sich der gesamte Ablauf sehr schlank halten. Alternativ könnte man auch jedem Mitglied die Möglichkeit einräumen, die Depotverwaltung über die eigene Hausbank abzuwickeln – allerdings würde das ein unnötiges Verwaltungsmonster schaffen. Eine zentrale Verwaltung ist daher der einzige praktikable, einfachste und effizienteste Weg.
Im November gaben Dietmar Allgaier und Andreas Grupp über die Vereinswebseite und in einem Pressetermin des VfB ihre Kandidatur bekannt. Sehen Sie es als legitim an, dass Amtsinhaber die kommunikative Infrastruktur ihres Amtes für eine erneute Kandidatur nutzen, während Sie und anderee Bewerber zu diesem Zeitpunkt noch nicht darauf zurückgreifen können?
Amtsinhaber haben grundsätzlich immer gewisse Vorteile gegenüber weiteren Kandidaten – darüber kann man sicherlich diskutieren. Ich mache den beiden jedoch keinen Vorwurf, dass sie diesen Weg genutzt haben, da sie sich im weiteren Verlauf sehr zurückhaltend mit den VfB-Kommunikationskanälen gezeigt haben.
Persönlich hätte ich wahrscheinlich eine eigene, vom VfB unabhängige Pressekonferenz abgehalten, um meine Kandidatur zu erklären. Diesen Weg hätte grundsätzlich jeder andere Kandidat ebenfalls wählen können.
Letztlich liegt es in der Natur der Sache, dass die Aufmerksamkeit primär auf den amtierenden Präsidenten gerichtet ist, während es für Herausforderer deutlich schwieriger ist, sich Gehör zu verschaffen. Das hat weniger mit den handelnden Personen zu tun, sondern vielmehr mit der Position selbst
Was ist der Vorteil eines Verkaufs an Mitglieder im Vergleich zu einem Verkauf an einen weiteren Einzel-Investor?
Ich bin überzeugt, dass nahezu alle VfB-Mitglieder eine Aktie kaufen würden, auch wenn – ähnlich wie bei der Mitgliederversammlung – nur ein geringer Anteil tatsächlich zur Hauptversammlung erscheinen wird. Gleichzeitig hätte das Präsidium den Vorteil, eine direkte Rückmeldung von den anwesenden VfB-Kleinaktionären zu den anstehenden Abstimmungen zu erhalten und diese in die für den e.V. notwendigen Entscheidungen einfließen zu lassen. Dadurch würde ein Stück Basisdemokratie in die AG einziehen – ein Schritt, der die Verbindung zwischen Verein und Mitgliedern stärken würde.
Wie wollen Sie konkret die infrastrukturelle Situation rund um den Neckarpark verbessern?
Das ist eine kurze Frage für ein äußerst komplexes Thema. Zunächst muss man verstehen, dass die Grundstücke im Neckarpark unterschiedlichen Eigentümern gehören. Teile gehören dem VfB, andere der Stadt Stuttgart, weitere Flächen sind im Besitz von Mercedes-Benz und dem PSV. Eine infrastrukturelle Verbesserung des gesamten Geländes macht nur Sinn, wenn es als Ganzes betrachtet und geplant wird. Das bedeutet, dass sowohl für Mercedes als auch für den PSV tragfähige Lösungen gefunden werden müssen. Besonders für den PSV ist es entscheidend, dass er nicht als Verlierer aus diesem Prozess hervorgeht. Hier braucht es die Unterstützung der Stadt Stuttgart, um dem PSV attraktive Ersatzflächen bereitzustellen, damit der Verein sein Vereinsleben uneingeschränkt fortführen kann.
Bei den Mercedes-Flächen handelt es sich um Grundstücke, die bisher nicht bebaut sind und nach meinem aktuellen Kenntnisstand auch auf absehbare Zeit nicht zur Bebauung vorgesehen sind. Wenn die Eigentums- und Nutzungsfragen mit allen Beteiligten geklärt sind, muss das gesamte Gelände als Einheit neu beplant werden. In den Planungen gibt es bereits detaillierte Aufstellungen darüber, welche Trainingsflächen für welche Sportarten – sowohl für Sommer- als auch für Wintertraining – benötigt werden. Das bedeutet, dass auch der Bau einer oder sogar zweier Sporthallen mitgedacht werden muss.
Ein weiterer zentraler Aspekt ist die Parkplatzsituation. Ein mögliches Szenario wäre die Errichtung eines mehrgeschossigen Parkhauses auf P9, das sich durch Parkgebühren bei Veranstaltungen refinanzieren könnte. Bereits 2021 hatte ich mit Thomas Krücken, dem ehemaligen Leiter des NLZ, über kreative Lösungen nachgedacht – unter anderem über die Möglichkeit, auf den obersten Etagen der angrenzenden Parkhäusern zusätzliche Trainingsplätze zu schaffen, eine Praxis, die in anderen Ländern bereits erfolgreich umgesetzt wurde.
Neben den planerischen Überlegungen ist die Finanzierung der wohl entscheidendste Faktor. Es braucht ein solides Finanzierungs- und vor allem Refinanzierungskonzept. Meine aktuelle Einschätzung ist, dass ein realistischer Mindestbetrag von 50 Millionen Euro für eine sinnvolle Umsetzung erforderlich wäre – mit einer Tendenz zu noch höheren Kosten.
Die Erarbeitung eines tragfähigen Finanzplans ist somit einer der zentralen Bausteine dieses hochkomplexen Projekts. Ich habe bereits zahlreiche Ideen und Konzepte im Kopf, deren detaillierte Ausführung hier den Rahmen sprengen würde. Doch eines kann ich mit Überzeugung sagen: Ich habe mich intensiv mit diesem Thema befasst und bin fest davon überzeugt, dass eine Umsetzung im Sinne des VfB realisierbar ist – wenn man, wie ich, genau weiß, welche Finanzierungswege für ein solches Großprojekt in Frage kommen.
Bei Ihrer ersten Kandidatur 2021 wurden Sie stark als Kandidat des Freundeskreises wahrgenommen. Wie sehen Sie dessen Rolle im Vereinsleben des VfB und welche Rolle spielte und spielt dieser bei Ihrer Kandidatur?
Ich bin nach wie vor Mitglied im Freundeskreis, auch wenn ich seit einigen Jahren keine „aktive“ Rolle mehr dort einnehme. In dieser Saison sitze ich nicht einmal mehr in der Loge des Freundeskreises, sondern habe meinen Platz im regulären Business Center Bereich – genau wie rund 3.000 weitere Karteninhaber auf der Haupttribüne.
Der Freundeskreis spielt eine wichtige Rolle als Sponsor innerhalb des Vereins. Nach dem VfB e.V. ist er der größte Geldgeber der Leichtathletik-Abteilung und gehört auch zu den bedeutenden Förderern des Nachwuchsleistungszentrums. In finanzieller Hinsicht hat er also eine klare Berechtigung und Funktion.
Für meine Kandidatur hat meine – eher passive – Mitgliedschaft im Freundeskreis keinerlei Rolle gespielt. Tatsächlich habe ich meine Kandidatur sogar vor dem Freundeskreis anderen offiziellen Fanclubs (OFCs), in denen ich ebenfalls seit Jahren Mitglied bin, mitgeteilt – darunter ‘RW Berkheim’ und ‘OFC Courage’, die weit vor dem Freundeskreis von mir Informiert wurden.
Vielen Dank für das Gespräch!
Titelbild: © Pierre-Enric Steiger